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Vom mittleren Reich Ägyptens bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts

Der Begriff Hydrocephalus ist seit dem Altertum bekannt. Hippokrates prägte den bis heute gebräuchlichen Ausdruck

 

 

und verstand darunter einen Symptomenkomplex aus Kopfschmerzen, Erbrechen, Sehstörungen, den er auf eine Flüssig- keitsansammlung im Gehirn zurückführte. Diese Flüssigkeitsansammlung betrachtete er als Folge einer Verflüssigung des Gehirns durch Krampfanfälle. Ob Hippokrates bereits Therapieversuche des Hydrocephalus unternahm ist unter Experten heute umstritten.

Skelettbefunde aus dem Zeitraum 2500 v.Chr. belegen, dass das Krankheitbild auch bereits in Ägypten auftrat und nicht unmittelbar zum Tode der Kinder führte. Als bekannteste Persönlichkeit, die unter dieser Erkrankung litt, muss der Pharao Ikhnaton angesehen werden.

Galen (130 - 200 v.Chr.) beschrieb als erster die Ventrikelanatomie und vermutete bereits, dass der Plexus choroideus für die Liquorproduktion zuständig sein könnte.

Abulkassim Al-Zahrawie (10. Jahrhundert) beschrieb erstmals chirurgische Eingriffe zur Evakuation oberflächlicher, intrakranieller Wasseransammlungen wie z.B. bei Arachnoidalzysten oder Hygromen

1510 zeichnete Leonardo da Vinci erstmals das menschliche Ventrikelsystem. Diese ersten Darstellungen wurden durch die Entdeckung des Aquädukts durch Jakobus Sylvius im Jahre 1515 ergänzt.

1551 beschrieb Vesalius bei der Obduktion eines 2 jährigen Kindes erstmals den Hydrocephalus als eine das Gehirn von innen her vergrößernde Erkrankung, wobei sich der Überschuss des Wassers ausschließlich in den Ventrikeln befand. Er erkannte auch, dass mildere Formen der Erkrankung durchaus mit einer normalen geistigen Entwicklung einhergehen können.

Paccioni entdeckte 1701 die nach ihm benannten Granulationen. Er vermutete jedoch fälschlicherweise, dass deren Aufgabe die Liquorproduktion sein. Die korrekte pathophysiologische Darstellung, wonach diese Granulationen der Absorption des Liquors in die Sinus dienen, geht auf Fantoni (1738) zurück. Albrecht von Haller beschrieb 1747 die Liquorzirkulation erstmals korrekt.

Magendi (1769) vermutete erstmals mechanische Hindernisse im Bereich der Ventrikel bzw. im Subarachnoidalraum als Ursache des Hydrocephalus.

Robert Whytt of Edinburgh hob 1768 den Unterschied zwischen einer Hydrocephaluserkrankung, die noch im Kleinkindes- alter vor dem Verschluß der Schädelnähte entstand und einer Erkrankung mit späterem Beginn, hervor.

 

Brigth erkannte die Diaphanie als diagnostisches Kriterium; MacEwen fügte den "cracked pot sound" als weiteres Krierium 1893 hinzu.

Die Therapie des Hydrocephalus konzentrierte sich in diesen Jahren vor allem darauf das Schädelwachstum der Kinder zu reduzieren, was vornehmlich durch Kompressionsverbände und Gipsschalen versucht wurde. Bruns (1854) berichtete über diese Therapieverfahren ausführtlich und zeigte, dass diese alle unbrauchbar waren, da sie zu Hautulzerationen, basalen, letalen Liquorfisteln als Folge einer Erhöhung des intrakraniellen Drucks u.a. führten. Weitere konservative Therapieversuche umfaßten bestimmte Diäten, Medikamente zur systemischen oder lokalen Reduktion der Liquorproduktion (Diuretika, Laxantien, Quecksilberzubereitungen). Auch die externe Bestrahlung wurde in diesem Kontext angewandt. Einzig die Anwendung von Acetazolamid erwies sich als tatsächlich geeignet zumindest temporär die Liquorproduktion einzudämmen. Zweifellos wurde aber bereits im 19.Jahrhundert bekannt, dass nur operative Maßnahmen als Dauertherapie wirksam sein werden.

Der 23.10.1744 muß als erstes historisches Datum in der operativen Hydrocephalus-Chirurgie angesehen werden.  Le  Cat nahm zu diesem Datum die erste dokumentierte Ventrikelpunktion der Geschichte vor. Durch passagere Dochteinlagen entwickelte er die Methode zur ersten externen Drainage weiter. Wirklich erfolgreich konnten derartige Therapien aber erst nach der Entwicklung der Asepsis (Semmelweis 1847) angewandt werden. Wernicke nutzte 1881 erstmals eine aseptische Ventrikelpunktion mittels Trokarnadel, um über einen trigonalen Zugang eine externe Liquordrainage zu erzielen. Quincke (1891) führte die Serienlumbalpunktion und die Liquordruckmessung über Steigrohr ein. Er konnte damit bei passagerem Hydrocephalus nachvollziehbare Therapieerfolge erzielen. Weitere Zugangswege zur Ventrikelpunktion waren der transorbitale (Langenbeck, 1850), frontopolar (Bergmann), koronar (Kocher) und der okzipitale (Krauses 1911; Dandy 1918).  Fredor Krause gelang es schließlich 1911 externe Ventrikeldrainagen ohne Infektionen über 8 Wochen liegen zu lassen. Einen weiteren Meilenstein stellte Ingraham's (1941) Entwicklung geschlossener externer Drainagen dar. Pampus führte diese Methodik 1953 in Deutschland ein.  Dieses grundsätzliche Prinzip zur temporären Liquordrainage wurde bis heute abgesehen von Details beibehalten.

Mikulicz' s Name ist mit dem Beginn der Entwicklung permanenter Liquordrainagen in Verbindung zu bringen. 1893 implantierte er einen Glaswolledocht, der die Seitenventrikel mit dem Subarachnoidalraum bzw. subgalealen Raum verband.

1895 schlug Gärtner das Konzept, das auch heute noch seine Bedeutung für die moderne Shunt-Therapie behalten hat, vor. Er sah eine Drainage des Liquors in ein extrathekales Niederdruck-Kompartiment (venöses, lyphatisches System oder Bauchhöhle) vor. 1908 folgte Kausch diesem Konzept. Ventrikelableitungen in die Peritonealhöhle erfolgten allerdings klinisch nur selten erfolgreich, da regelmäßig Überdrainagen zu fatalen Folgen führten. In gleicher Weise scheiterten die Versuche von Heile (1914), der Ableitungen zur Pleurakuppe oder Peritonealhöhle favorisierte, aber meist an der Überdrainage scheiterte.

Das erste Tiermodell des Hydrocephalus geht auf Dandy und Blackfan (1913) zurück. Sie okkludierten verschiedene Engstellen des Ventrikelsystems mit Baumwollfäden.

Payr (1908) verfolgte einen anderen Weg: er implantierte Patienten auto- oder heterologe Arterien (und später Venen mit intakten Venenklappen zur Vermeidung eine Reflux bei Ableitung in den Sinus sagitalis superior), die vom Seitenventrikel ausgehend im Interhemisphärenspalt endeten.Autoptisch gesichert ist, dass diese bis zu 11 Jahre offen blieben. 

Als Balkenstich wurde eine von Anton und Bramann (1908) beschriebene chirurgisch geschaffene Verbindung zwischen III.Ventrikel und Interhemisphärenspalt durch den Balken bezeichnet. Bei der "posterioreren ventriculostomy"  eröffnete Dandy den Boden des III.Ventrikels (damals unter Opferung des Sehnerven), und wies damit einen Weg zu einem der heute gängigsten Verfahren in der Therapie der Aquäduktstenose. 

 

Mixter inspizierte 1923 bei einem Patienten mit einer Art Endoskop die Ventrikel und perforierte den Boden des III.Ventrikels. Scarff und Stookey kombinierten die Eröffnung des Bodens des III.Ventrikels mit einer Fenestrierung der Lamina terminalis. Sie benutzeten dazu einen transfrontalen Zugang ("anteriore ventriculostomy").  

Die heute noch gültige Technik der III.Ventrikulozisternostomie wies 1947 bereits McNickle, indem er über ein präkoronares Bohrloch und über das Foramen Monroi zum Boden des III. Ventrikels gelangte und hier eine Perforation zur Ableitung des Liquors in die präpontine Zisterne vornahm.

1918 entwickelte Dandy mit der Extirpation des Plexus choroideus ein neues Therapieverfahren, das immer wieder bis 1957 angewandt wurde. Trotz tierexperimentem Erfolg und der Verwendung endoskopischer Techniken (Putnam, 1934) konnte sich das Verfahren aber wegen häufiger Rezidive und einer hohen Letalität nicht durchsetzen.

1920 war es erneut Dandy der ein weiteres Verfahren in der chirurgischen Hydrocephalus-Therapie einführte, das gerade Ende der 90er Jahre eine Renaissance erlebte. Er behandelte Aquäduktstenosen mittels einer retrograden Rekanalisierung. Er nannte es III - IV. Interventrikulostomie. Lecksell griff die Idee 1949 auf und versuchte die Rekonstruktion des Aquädukts durch orthograde Implantation von Plastik oder Metallröhrchen. Da diese frühen Formen der Aquäduktoplastie jedoch noch mit hohen Mortalitätsraten verbunden waren, konnten sie sich damals nicht durchsetzen. Weitere intrathekale Verfahren waren Lanzorthes' anteriorer ventrikulo-kallosaler Shunt (1953) und Burmeister's Katheterverbindung zwischen Ventrikel und suprachiasmatischer Zisterne (1959).

Eine Zufallsbeobachtung der sehr seltenen Spontanruptur eines Ventrikels brachte Torkildsen 1938 auf die Idee des ersten an einer großen Patientenanzahl erfolgreich zu reproduzierenden Therapieverfahrens mittels einer Schlauchverbindung.  Bei der Torkildsen Drainage wurde der Liquor aus den Seitenventrikeln in die Zisterna magna abgeleitet. Es erwies sich als suffiziente Therapie für Aquäduktstenosen und fand bis Mitte der 60er Jahre Verwendung

 

Die moderne Hydrocephalustherapie begann 1949: Frank Nulsen entwickelte ein Kugel-Konus-Ventil mit einer Pumpkammer aus Gummi zwischen den beiden Kugel-Konus Konstruktionen. Im Mai des selben Jahres implantierte Eugen Spitz dieses Ventil über einen Polyethylen Katheter in der Vena cava superior (Children's Hospital , Philadelphia). 1955 konstruierten Robert Pudenz und der Ingenieur Ted Heyer ein distales teflon-beschichtetes mit transversalen Schlitzen versehenes Ventil, das ebenfalls präkardial implantiert wurde.

Ein Ingenieur aus Philadelphia, John D. Holter, entwickelte in einem verzweifelten Kampf um das Leben seines unter einem angeborenen Hydrocephalus leidenden Sohns das Hydrocephalus-Ventil schlechthin , das schließlich für die Akzeptanz der Shunt-Therapie in der Neurochirurgie sorgte, innerhalb weniger Wochen. Er entwickelte ein doppel Silikon-Schlitz Ventil mit einer Helix-Feder. Wiederum war es Eugen Spitz, der dieses neue Ventil im März 1956 erstmals implantierte. Noch im Sommer des gleichen Jahres begann die industrielle Massenproduktion dieses besser als "Spitz-Holter" Ventil bekannte Ventil. Wesentlich zum Durchbruch der Ventile überhaupt dürfte die Verwendung von Silikon als Hauptbestandteil des "Spitz-Holter" Ventils beigetragen haben. Das praktisch zeitgleich in Europa von Engelsman (Groningen, Niederlande) entwickelte Kugel-Konus-Ventil mit distalen Schlitzen wurde dagegen nur 6 mal von Sikkens implantiert.

1958 traf Rudi Schulte, ein vor kurzem emmigrierter deutscher Uhrmacher auf Pudenz und Heyer. Er verbesserte das Design ihres "distal slit " Ventils indem er es mit multiplen längsgerichteten Schlitzen versah. 1960 entwickelte Schulte schließlich ein Membran-Ventil.

Ein "distal-slit" Ventil zur ventrikuloperitonealen Implantation wurde 1958 von Ames vorgestellt, das in den 70er Jahren von Raimondi noch optimiert wurde und als Raimondi-Uni-Shunt bekannt wurde.

Die vier Grund-Designs (Kugel-Konus, Membran, distal-slit, proximal-slit) der noch heute gängigen Hydrocephalusventile wurden folglich innerhalb gerade eines Jahrzehnts entwickelt.

 Die Entwicklung der aktuellen zur klinischen Anwendung kommenden Ventile können Sie nachlesen, wenn Sie diesem Hyperlink folgen

 

Nachdem seit der erfolgreichen Einführung der modernen Hydrocephalus-Shunts in den späten 50er Jahren ein echter Durchbruch in der Therapie des Hydrocephalus gelungen war, gerieten andere Verfahren mehr und mehr in Vergessenheit. Voraussetzung für die heute als Alternative zum Shunt bei bestimmten Formen des Okklusions- hydrocephalus zur Verfügung stehenden endoskopischen Verfahren, war die Entwicklung moderner Endoskope 1959 durch Hopkins. Guiot bereitete den endoskopischen intraventrikulären Verfahren den Weg in Europa (1963). 1973 schließlich entwickelte Fukushima die Fiberendoskopie. Es sollten jedoch noch 20 Jahre vergehen, bis Endoskope für die Neurochirurgie entwickelt wurden, die einerseits einen akzeptablen Durchmesser (5 - 7,5 mm) und andererseits eine suffiziente Ausleuchtung und optische Darstellung des OP-Situs aufwiesen und zusätzlich über einen Arbeitskanal verfügten, über den Mikroinstrumente wie Mikro-Forgatty-Katheter, Laser, Diathermie u.a. zur mikrochirurgischen Manipulation vor Ort, verfügbar waren. Wegweisend war hier die Arbeit von Zamorano. Jetzt konnten einerseits die von McNickle (1947) entwickelte III.Ventrikulostomie, sowie jüngst auch die von Dandy (1920) und Leksell (1949) entwickelte Aquäduktoplastie auf minimal invasivem Weg durchgeführt werden. Diese Verfahren stellen heute bei bestimmten Formen des Okklusionshydrocephalus eine echte Alternative zum Shunt dar. Es darf aber, - trotz daß die Rate der schwere Komplikationen bei beiden Verfahren unter 1% liegt -, nicht verschwiegen werden, dass bei den endoskopischen Verfahren die Rate schwerer Komplikationen 4 mal höher ist als bei der Verwendung moderner Hydrocephalus-Shunts.